Früher den Strom abdrehen

Eiskalte Digital-Detektive

26. Juli 2021, 15:05 Uhr | Martin Fryba
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Was manuell nicht zu schaffen ist, erledigt Robotic Process Automation (RPA) gepaart mit Künstlicher Intelligenz: Masseninsolvente Bürger tagesaktuell mit der Kundendatei abzugleichen. Der ein spart Kosten und Millionenausfälle, Hunderttausende sparen Strom – mehr als ihnen lieb ist.

Nehmen wir als Beispiel eine Meldung des Amtsgerichts Berlin-Wedding von letzter Woche: Das Insolvenzgericht gibt am 19.Juli 2021 bekannt, dass gegen Werner Schultheiß (Name geändert), geboren am 2.8.1991 (vollständige Adresse bekannt), unter Aktenzeichen 37 JK XXX/XX das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet ist. Schultheiß hatte am 29.6.2021 Privatinsolvenz am Amtsgericht Berlin-Wedding angemeldet und Restschuldbefreiung beantragt. Gläubiger werden nun aufgefordert, ihre ausstehenden Forderungen bei der bestellten Insolvenzverwalterin Rebecca S. in Berlin schriftlich anzumelden.

Hosen runter bei Insolvenzbekanntmachungen
Die Daten aller Bürger, Name, Geburtsdatum, Adresse, die bei bundesdeutschen Amtsgerichten eine Privatinsolvenz anmelden, werden auf Insolvenzbekanntmachungen.de vollständig genannt. Der Schutz der Gläubiger vor entstandenem und potenziell noch entstehendem Schaden - nach einem, früher so genannten Offenbarungseid - steht vor dem Persönlichkeitsschutz des Bürgers. Die Hosen herunterlassen zu müssen im Zeitalter der Daten ist wörtlich zu verstehen: Jeder kann den Namen seines Nachbarn in Insolvenzbekanntmachungen.de eingeben. Die Datenbank fragt nicht nach einem berechtigten Interesse.

Sie ist aber auch nicht so aufgebaut, dass man automatisch eine tagesaktuelle Liste aller Privatinsolvenzen erhalten würde, die man mit einer Kundendatenbank abgleicht, um zu sehen, wie viele Namen übereinstimmen. Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen wachen und informieren Auskunfteien und Warenkreditversicherer über die Solvenz von Kunden. Millionen von Verbraucher indes, wovon gerade in der Corona-Pandemie immer mehr erst aufs Sozialamt gehen, später die Schuldnerberatung aufsuchen und dann im Portal Insolvenzbekanntmachungen.de landen oder noch landen werden, werden nach dem Gang zum Amtsgericht durch Software identifiziert, wie sie die Weissenberg Group für einen Energieversorger aufgesetzt hat.

Sisyphusarbeit
Der Prozess der Insolvenzprüfung von Bestandskunden wurde dort nämlich automatisiert. Der Energieversorger sei, wie es heißt,  vor der Herausforderung gestanden, pro Tag manuell 400 neu eröffnete Insolvenzverfahren zu sichten und mit dem eigenen Kundenstamm abzugleichen. Es hätten aber die  Informationen von lediglich drei der 192 Amtsgerichte, die Insolvenzverfahren melden, ausgewertet werden können. Entsprechend hoch seien die Dunkelziffer nicht erkannter Insolvenzen und der wirtschaftliche Schaden gewesen.
 

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