Social-Networking-Plattform unter Beschuss

Facebook lässt sich von Neonazis als Werbeplattform missbrauchen

15. Mai 2009, 15:36 Uhr | Lars Bube
Auf Facebook finden sich Hunderte solcher Profile für den Namen Adolf Hitler, auf denen Neonazis ihre Botschaften austauschen.

Im Streit um Gruppen und Mitglieder, die den Holocaust leugnen, bleibt Facebook weiterhin stur und zeigt ein mehr als peinliches Selbstbild: »Den Holocaust zu leugnen, verstößt nicht gegen unsere Nutzungsbedingungen«, so die Social-Networking-Plattform.

Es ist ein äußerst unschönes Bild, das Facebook derzeit in einem Streit um renitente Holocaustleugner und Neonazis unter den eigenen Nutzern abgibt. Zwar wurden nach lautstarken Protesten, die auf einen offenen Brief auf der Seite boo_company folgten, einige der auffälligsten Gruppen geschlossen. Die Mehrzahl der Unbelehrbaren kann jedoch ungehindert weiter ihre, in vielen Ländern unter Strafe stehende, Geschichtsverdrehung betreiben.

Der jüdische Facebook-Chef Mark Zuckerberg hält sich zwar mit Kommentaren bisher weitgehend zurück, während seine Mitarbeiter sich aber in der Verteidigung der Nazi-Profile gegenseitig überbieten.

Der »Dotcomtod«-Nachfolger Boocompany fordert von Facebook unter anderem das »Entfernen aller Links zu externen Seiten oder Angeboten von Dritten, die in Deutschland einen Straftatbestand nach § 130, § 86, § 86a oder § 189des Strafgesetzbuches (StGB) darstellen«, sowie eine »Aufnahme der oben aufgeführten Straftatbestände in die Nutzungsrichtlinien von Facebook Deutschland unter »Verbotene Handlungen«.

Nutzungsbedingen verbieten Nazi-Parolen nicht

Genau da liegt für Facebook der Hund begraben: Die eigenen Filter sortieren solches Material bisher nicht aus, weil die Nutzungsbedingungen der Plattform das nicht vorsehen. Stolz auf den eigenen Starr- und Stumpfsinn erklärte ein Sprecher von Facebook gegenüber Techcrunch: »Den Holocaust zu leugnen, verstößt nicht gegen unsere Nutzungsbedingungen.«

Auch eine jüdischgläubige Facebook-Mitarbeiterin stellt sich inzwischen vor die Informationsfreiheit des Sozialen Netzes für Neonazis. Produktmanagerin Ezra Callahan führte gerade den jüdischen Chef als Argument dafür an, dass das Unternehmen keine Gruppe bevorzugen oder benachteiligen dürfe. Auch kontroverse Ideen müssten diskutiert werden dürfen.

Der Holocaust ist für Callahan nur eine unter vielen Tragödien der Menschheit, die nicht mehr Aufmerksamkeit als andere, gerade solche aus der jüngsten Vergangenheit, erfahren dürfen.

Nachdem Facebook seinen Werbekunden mit dieser Haltung offenbar auch nicht garantieren kann, dass ihre Anzeigen nicht neben Neonazi-Inhalten auftauchen, hat die Telekom bereits mit sofortiger Wirkung ihre in dem Sozialen Netz geschalteten Werbeanzeigen wegen »rechtsextremer und antisemitischer Einträge« gestoppt.

Während die Holocaustleugner Facebook also weiter als Plattform missbrauchen können, bleiben die Regeln der Community in einer anderen Sache eisern: Bilder von stillenden Frauen, auf denen Teile der Brustwarzen zu sehen sind, werden weiterhin ausgefiltert. Solange die Neonazis also keine Kinder füttern, können sie in aller Ruhe mit ihrer Hetze weitermachen, wenn es nach Facebook geht.


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