Verpasste Softwaremigration

Flash-Aus legt Zugverkehr lahm

25. Januar 2021, 9:15 Uhr | Lars Bube
© BRIAN_KINNEY - AdobeStock

Weil die regionale Bahnbetriebsgesellschaft den Abschied von Flash verpasst hat, standen vergangene Woche rund um eine chinesische Millionenstadt die Züge still.

In der Geschichte des Internets hat das Jahr 2021 schon jetzt seinen Platz sicher, als das erste Jahr nach Flash. Doch wie, trotz der langen Vorlaufzeit und aller eindringlich wiederholten Vorwarnungen, zu erwarten war, haben dennoch einige den Umstieg versäumt. Besonders peinlich wurde das vergangene Woche im chinesischen Dalian deutlich. Rund um die Hafenstadt auf der Halbinsel Liaodong fielen zahlreiche Züge aus, die für viele der fast sieben Millionen Einwohner des Einzugsgebiets ein Hauptverkehrsmittel sind. Der Fehler war laut einem auf Twitter veröffentlichten Bericht des freien Journalisten Tony Lin schnell gefunden: Die von der lokalen Bahnbetriebsgesellschaft genutzte Software für Zugmanagement und -Verwaltung basiert auf Flash. Weil das aber nach dem jüngsten Update von Adobe ganz bewusst nicht mehr funktioniert (siehe: Selbstzerstörungs-Patch für den Flash-Player), konnten danach weder die lokal vorgehaltenen Züge in den Depots disponiert werden, noch funktionierte die Verbindung mit dem überregionalen System.

Das Beheben des Problems wurde für die Techniker vor Ort zum Spießrutenlauf, wie ein von Lin teils übersetzter offizieller Propaganda-Blogeintrag zur »heldenhaften« Fehlersuche verdeutlicht. Nachdem die Neuentwicklung versäumt worden war und somit keine Flash-freie Version zur Verfügung stand, wurde den Verantwortlichen schnell klar, dass die einzige Chance den Betrieb wieder aufzunehmen darin lag, Flash wieder zum Laufen zu bekommen. Doch alle Versuche, es wieder zu installieren oder das System auf ein Backup mit der letzten funktionierenden Version zurückzurollen, scheiterten, weil sich die Software jedes Mal nach kurzer Zeit wieder das selbstzerstörerische Update herunterlud und installierte. Erst nach knapp 20 Stunden des Ausprobierens wurde demnach eine alte – laut Lin möglicherweise raubkopierte – Version des Flash Media Servers ausgegraben, mit der das Update blockiert und die Zugverwaltungssoftware wieder gestartet werden konnte. Damit erkauft man sich nun Zeit, auf eine andere Software umzusteigen. Der Preis dafür sind Sicherheitslücken, die Hackern Tür und Tor öffnen. Gerade in so einem sensiblen Bereich ein enormes Risiko.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es in den nächsten Tagen Berichte über ähnliche Fälle auf der ganzen Welt geben.

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