Venture Capital

»Gelder bei Investoren sind im Überfluss vorhanden«

23. Januar 2020, 12:00 Uhr | Martin Fryba
Kennt VC- und auch den IT-Markt bestens aus seiner Zeit bei Comteam: Julian Riedlbauer, Partner von GP Bullhound in Berlin
© GP Bullhound

Vor zwölf Jahren wechselte Julian Riedlbauer von Comteam in die Venture-Capital-Branche. Seither bringt er Technologieunternehmen mit Investoren zusammen. Als M&A-Berater synchronisiert er Erwartungen und bewahrt im besten Fall IT-Unternehmer vor Enttäuschungen.

CRN: Vor genau 20 Jahren platzte die Dotcom-Blase und zog so schillernde deutsche Unternehmen wie das Emissionshaus Goldzack oder den VC Knorr Capital in den Abgrund. Hat die VC-Branche daraus Lehren gezogen?
Julian Riedlbauer: Seit dem Platzen der Dotcom-Blase und dem Zusammenbruch des »Neuen Marktes« haben sich die Technologiefirmen und die Erwartungen der Investoren deutlich verändert. Damals ging es um User- und Umsatzwachstum um jeden Preis. Die Höhe der Verluste war fast egal. Auf Unit Economics wurde nicht geachtet. Außerdem waren die Geschäftsmodelle noch nicht so ausgereift und die Kapitalgeber im Technologie-Bereich nicht besonders erfahren. Nur wenige deutsche VC-Investoren aus dieser Zeit haben »überlebt«. Im Gegensatz dazu haben in den USA sehr viel mehr alte Tech-Investoren, wie beispielsweise Insight Venture Partners, Sequoia Capital, Accel Partners und Bessemer Venture Partners diese schwierige Zeit überstanden und sind weiterhin erfolgreich. Es sind seitdem sehr viele neue Investoren in den USA und Europa entstanden, die nun auch schon zahlreiche Jahre an Erfahrung sammeln konnten.

 

CRN: Was hat sich verändert?
Riedlbauer: Die Tech-Investoren sind viel professioneller geworden und mittlerweile auch die Technologiefirmen selbst. Sie beschäftigen erfahrenere Manager und das ganze Ökosystem ist ausgereifter. Cloud- und Software-Anbieter, Software-Developer-Frameworks, Payment-Systeme, Endkunden-Online-Logistikprovider, Online-Marketing-Firmen und viele weitere Anbieter stehen bereit, um jungen Tech-Firmen eine schnelle und funktionierende Skalierung zu ermöglichen. Vor 20 Jahren war das Ökosystem noch deutlich anders und viel weniger professionell.
Das machte es damals schwerer, eine Technologie-Firma aufzubauen und wirklich schnell international zu skalieren. Die Firmen mussten viel mehr selbst abbilden, es gab keine Cloud-Lösungen und die damaligen Kunden waren beispielsweise gegenüber Online-Payments weniger affin.


So wurde Paypal zum Beispiel erst Ende 1998 gegründe.. Das Cloud-Computing-Angebot AWS von Amazon ist erst im Jahr 2006 gestartet. Natürlich gibt es auch heute weiterhin Übertreibungen, wie beispielsweise der Fall von Wework zeigt. Im Vergleich zu vor 20 Jahren ist das aber viel seltener geworden.

 

CRN: Wer investiert in deutsche Technologiefirmen und welcher Fokus ist für VCs besonders interessant?
Riedlbauer: In deutsche Technologiefirmen investieren je nach Phase unterschiedliche Investoren. Ganz am Anfang, in der sogenannten Seed-Phase, sind das meist Business Angels und Frühphasen-Investoren. Daran schließen nationale wie internationale VC-Investoren und in späteren Phasen Growth Equity-Investoren an. Sobald ein Unternehmen nachhaltig profitabel ist, kommen auch Private Equity-Investoren ins Spiel. Diese Kapitalgeber sind aber meist an einer Übernahme einer kleinen oder größeren Mehrheit interessiert. Insgesamt stehen weltweit mehrere hundert Investoren zur Verfügung, die auch bereit sind, in deutsche Technologie-Firmen zu investieren.

 

CRN: Banken haben sich offenbar ganz aus der Finanzierung von Technologieunternehmen zurückgezogen.
Riedlbauer: Wenn eine Technologie-Firma noch nicht profitabel ist, dann sind klassische Banken sehr vorsichtig. Es gibt einige wenige spezialisierte Banken wie die Deutsche Handelsbank, die Silicon Valley Bank oder auch ein Expertenteam bei Unicredit, die im Gegensatz zu den klassischen Banken größere Risiken zu höheren Zinssätzen eingehen. Die European Investment Bank bietet eine weitere Möglichkeit für größere Fremdkapital-Finanzierungen. Sobald eine Technologie-Firma jedoch nachhaltig profitabel ist und ein gutes Kredit-Rating erhalten kann, sind in aller Regel auch die klassischen Banken bereit, Fremdkapital bereitzustellen.


CRN: Cloud- und SaaS-Geschäftsmodelle sind besonders attraktiv. Gilt das auch für die hierzulande aktiven Software-VADs?
Riedlbauer: Venture Capital-Investoren fokussieren sich auf stark skalierbare Geschäftsmodelle auf Basis einer eigenen IP. Firmen mit wiederkehrenden Umsätzen, wie sie Cloud- und SaaS-Geschäftsmodelle bieten, werden daher deutlich bevorzugt. Aus diesem Grund sind VADs kein klassischer Fall für VCs. Sind die VADs aber groß und profitabel genug, werden diese für Private Equity-Investoren sehr attraktiv. Infinigate, Ebertlang, Sysob oder Exclusive Networks sind gute Beispiele für VADs mit Unterstützung von Private Equity-Investoren.

 

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