Pannen am Aktienmarkt häufen sich

IT-Investoren auf dem Irrweg

14. Januar 2021, 9:38 Uhr | Lars Bube
© Dmitry Lobanov - AdobeStock

Nicht nur für IT-Firmen, sondern auch für ihre Namensvetter kann sich der Digitalisierungs-Boom lohnen. Weil Anleger die Namen nicht abgleichen, verhelfen sie unbeteiligten Unternehmen wie »Signal Advance« und der Briefkastenfirma »Zoom Technologies« zu irren Kurssprüngen.

Der massive Boom der ITK-Industrie im Zuge der weltweiten Digitalisierungswelle lockt viele neue Investoren an. Tatsächlich lässt sich hier gutes Geld verdienen – wenn man denn aufs richtige Pferd setzt. Denn vor lauter Vorfreude auf die erwarteten satten Kurssteigerungen greifen derzeit regelmäßig einige Investoren gehörig daneben. Bestes Beispiel ist Zoom. Der Videokonferenzanbieter ist einer der größten Profiteure der Covid-19-bedingten Lockdowns und freut sich über eine rege Nachfrage sowohl nach seinen Produkten als auch seinen Aktien. Doch schon seit dem Börsengang 2019 führt das gesteigerte Interesse an den Zoom-Papieren immer wieder zu einer folgenschweren Verwechslung.

Statt wie geplant in das unter »ZM« gelistete Unternehmen Zoom Video, steckten unaufmerksame Anleger ihr Geld in die Firma »Zoom Technologies« - oder das, was davon übrig ist. Denn dahinter verbirgt sich laut der US-Börsenaufsicht SEC eine im für seine günstigen Steuern bekannten US-Bundesstaat Delaware angemeldete Tochter eines chinesischen Konzerns. Diese ist seit 2014 an der Börse, hat aber schon seit 2015 keinen Geschäftsbericht mehr vorgelegt. Trotz dieser Inaktivität stieg der Kurs jedoch Anfang des Jahres mit dem Beginn der Pandemie und der folgenden Lockdowns am Jahresanfang um rund 900 Prozent auf über 30 Millionen Dollar an. Das ist zwar weniger als ein Tausendstel von Zoom, aber dennoch genug, um die SEC auf den Plan zu rufen, die den Handel der Papiere kurzerhand stoppte. Erst da bemerkte so mancher Investor, der sich schon auf der Siegerstraße sah, den großen Fehler.

Doch Zoom ist kein Einzelfall. Derzeit ist ähnliches etwa bei Signal zu beobachten. Wegen des Ärgers um die neuen Nutzungsbedingungen bei Whatsapp, mit denen die Datenweitergabe an Facebook eingeführt wird, verzeichnen Mitbewerber wie Threema und Signal explosionsartig steigende Nutzerzahlen. Befeuert wird diese Wechselbewegung auch von einigen Prominenten der IT-Welt wie dem Whistleblower Edward Snowden und Tesla-Chef Elon Musk, die beide Empfehlungen für Signal aussprachen. Um daran mitzuverdienen, haben nun einige Anleger ebenso fleißig wie unüberlegt Geld in die Papiere von »Signal Advance« gepumpt. Dahinter steht jedoch ein bislang mäßig erfolgreicher texanischer Hersteller von Medizintechnikkomponenten, der mit über drei Milliarden Dollar nun plötzlich fast das Fünffache wert ist. Der Messenger Signal selbst ist hingegen das Werk einer gemeinnützigen Organisation und nicht an der Börse gelistet. Obwohl inzwischen mehrere US-Zeitungen über den Irrtum berichtet haben und auch Signal auf den Irrtum aufmerksam gemacht hat das bisher nur zu einer kleinen Nachfragedelle bei »Signal Advance« geführt. Der unstillbaren Gier nach schnellem Geld sei Dank.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Zoom

Weitere Artikel zu Datenschutz

Weitere Artikel zu Messenger

Weitere Artikel zu RZ-Kühlung

Matchmaker+