Studie im Auftrag von Cispe

Microsofts Produktbündelung unter der Lupe

31. Januar 2023, 15:20 Uhr | Sabine Narloch
© fabrikacrimea / 123rf

Cispe, Vereinigung von Cloud-Infrastruktur-Anbietern in Europa, hat eine Studie veröffentlicht, bei der die Bündelung zwischen Software und Cloud am Beispiel von Microsoft untersucht wurde. Der Branchenverband sieht hier wettbewerbswidrige Praktiken.

Windows und Office von Microsoft sind heute in vielen Unternehmen und Behörden die vorherrschende Software-Lösung. Diese Marktsituation wurde nun in der Studie „Produktverknüpfung bei Softwareangeboten“ unter die Lupe genommen. Sie wurde im Auftrag von Cispe durch Ökonomen der Frankfurt School of Finance und der European School of Management and Technology Berlin (ESMT) erstellt.

Ein Fazit, das die Studienautoren ziehen, ist, dass Microsoft seine Marktmacht durch Produktbündelungen ausnutze. „Sogenannte Produktbündelungen sind unbedenklich, wenn daraus ein Zugewinn an Wohlfahrt für den Konsumenten erzielt wird“, erläutert Professor Dr. Markus Reisinger, Leiter des Economics Department, Frankfurt School of Finance. „Unsere ökonomische Studie legt dar, dass dies bei Microsoft nicht gegeben ist. Die relativ starke Ungleichbehandlung zwischen separatem Erwerb und Bündel-Erwerb der Produkte führt zu einer umfangreichen Diskriminierung. Daher ist die Reduktion der Konsumentenwohlfahrt erheblich und dem Vorgehen Einhalt zu gebieten.“

So bündele Microsoft seine Software-Produkte mit Cloud-Dienstleistungen. Kunden, die bereits über Microsoft-Software-Lizenzen verfügen, können diese Lizenzen ohne oder nur mit geringen Zusatzkosten in der Azure Cloud nutzen. Die Studienautoren weisen jedoch darauf hin, dass rechtlich gesehen die Kunden ihre bisherige Software auch bei anderen Cloud-Anbietern nutzen können. Allerdings müssten Microsoft-Kunden, die ihre Office-Lösung in der Cloud eines der großen Wettbewerber wie AWS oder Google Cloud hosten wollen, Gebühren zahlen. Im Zweifel entscheiden sie sich aufgrund der teureren Alternative eher zum Microsoft Bundle, wodurch ein Verdrängungseffekt entstehe.

„Dieser Effekt tritt selbst dann ein, wenn ein marktbeherrschender Hersteller in seinem Bündel ein qualitativ schlechteres Produkt anbietet als ein Wettbewerber, der ein konkurrierendes Produkt einzeln verkauft. Häufig entscheiden sich Kunden dann aus Kostengründen für das Bündel. Das führt zu Qualitätseinbußen, die sich auch auf die Endkonsumenten auswirken können. Geschäftskunden haben in diesem Fall geringere Innovationsmöglichkeiten und können weniger funktionale Endprodukte produzieren beziehungsweise ihren eigenen Kunden eine geringere Produktvielfalt anbieten“, erklärt Professor Dr. Stefan Wagner von der ESMT.

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In der Studie „Produktverknüpfung bei Softwareangeboten“ heißt es:  „Microsoft ermöglicht es Nutzern, ihre bestehenden Lizenzen, ohne oder nur zu geringen zusätzlichen Kosten auf Microsoft Azure zu verwenden. Falls Kunden jedoch Microsoft Software zusammen mit Dienstleistungen der stärksten Konkurrenten im Cloud-Computing Markt, den listed providers, nutzen möchten, resultieren höhere Kosten im Vergleich zum Microsoft-Bündel. Ausgewählte Microsoft-Produkte können mit Dienstleistungen
dieser Anbieter gar nicht kombiniert werden. Diese Diskriminierung von listed providers verschafft Microsoft klare Vorteile im Wettbewerb und ist nachteilig für die Kunden: sie führt zu höheren Preisen und geringer Wahlfreiheit.“

 

Für benachteiltigte Anbieter lohnt sich dann mitunter nicht mehr, in neue Entwicklungen zu investieren; dies könne dazu führen, dass Wettbewerber nach und nach vom Markt verschwinden. Der dominierende Anbieter habe so Gelegenheit, immer stärker Preise und Bedingungen zu diktieren.

Eine Kartellbeschwerde gegen Microsoft vom Branchenverband Cispe, die bei der Europäischen Kommission eingereicht wurde, läuft aktuell noch. Ziel dieser Beschwerde sei, in einem branchenweiten Rahmen auf Microsofts Praktiken der Softwarelizenzierung aufmerksam zu machen. Die jüngsten Ankündigungen von Microsoft einschließlich dem Update der Lizenzbedingungen zum 1. Oktober 2022 lassen laut Cispe-Angaben nicht erkennen, dass Microsoft eine Beendigung seiner Praktiken beabsichtigt.


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