Zweigleisig in die Cloud

Oracle am Wendepunkt

30. Oktober 2020, 8:29 Uhr | Martin Fryba
Spät und holprig verlief Oracles Start in die Cloud. Mit der 2. Generation von IaaS sieht sich Oracle nun aber AWS oder Google überlegen, wenn es um hybride IT-Architektur geht
© AdobeStock/Dennizn

Nicht alles wandert in die Cloud, On-Premise-Datacenter bleiben auch in Zukunft bestehen. Mit der zweiten Generation seiner Oracle Cloud Infrastructure geht der Techriese daher einen anderen Weg als AWS oder Google Cloud. Eine spannende Wette auf die IT-Zukunft.

Man kann die Ereignisse rund um TikTok als politische Geschichte einer von der US-Regierung betriebenen Usurpation schreiben. Kurz vor der US-Präsidentenwahl zeigt Amtsinhaber Trump Härte gegen die derzeit am schnellsten wachsende chinesische Digitalplattform in den USA. Er geriert sich als oberster nationaler Daten-Schützer, der per Dekret aus einem chinesischen kurzerhand ein US-amerikanisches Unternehmen macht. Die neu gegründete  Gesellschaft TikTok Global geht mehrheitlich an US-Investoren, die sie nächstes Jahr an die Wall Street bringen wollen. Waltmart und Oracle übernehmen gemeinsam 20 Prozent der Anteile. »Der Datenschutz für 100 Millionen amerikanische TikTok-Benutzer wird durch die Verlagerung aller amerikanischen Daten in die Cloud-Rechenzentren der Generation 2 von Oracle, den sichersten Cloud-Rechenzentren der Welt, schnell hergestellt«. Das steht nicht in einem Tweet von Trump, sondern in der Oracle-Pressemeldung vom 19. September.

Zoom-Workload über Nacht migriert

Nahtlos und schnell in die Oracle Cloud Infrastructure (OCI) zu migrieren heißt nicht Wochen, auch nicht Tage, sondern Stunden. Seine Leistungsfähigkeit hatte der Techriese zuvor nämlich unter Beweis gestellt. Mitten in der Pandemie musste Zoom den rasanten Ansturm auf seine Videokonferenzplattform bewältigen, damit der Dienst nicht unter den 300 Millionen täglichen Meetings kollabiert. Zoom setzte auf OCI. Wenige Stunden nach der Vertragsunterzeichnung liefen bereits Hunderttausende Meetings über die Oracle Cloud. In der vollen Unterstützung übertragen die SPARC-Server, ehemals Sun, sieben Petabyte Daten täglich, was rund 93 Jahre HD-Video entspricht.

Zoom-CEO Eric Yuan sieht seinen Aktienkurs förmlich explodieren und lobt neben Performance und Schnelligkeit vor allem die »branchenführende Sicherheit« der OCI.  Oracle-Gründer und CTO  Larry Ellison nutzt die Steilvorlage des Vorzeigekunden und verweist auf eine IDC-Umfrage, in der Anwenderkunden 935 IaaS-Anbieter bewerteten. »Oracle IaaS erhielt die höchste Zufriedenheitspunktzahl«, sagt er. Dass Oracle immer noch nicht in einem Atemzug mit den Hyperscalern AWS, Microsoft Azure und Google Cloud genannt wird, ärgert ihn freilich. Das hat aber einen Grund.

Oracle hat im Cloud-Business technologisch einen anderen Weg eingeschlagen als der früh gestartete »Early Mover« AWS und etwas später Google Cloud. Die »born in the Cloud« müssen auf kein Altgeschäft Rücksicht nehmen. Oracle, 1977 gegründet, ist mit Datenbanken und EPR groß geworden. Die traditionellen Säulen des Oracle-Geschäfts ergänzte der Konzern vor elf Jahren mit der Übernahme des Server-Herstellers Sun.

Während reine Hyperscaler ihre gesamten Investitionen ausschließlich in die Entwicklung neuer IaaS-Anwendungen, Tools und Features stecken, mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit das Innovationstempo vorgeben und damit eine fast ungeteilte Aufmerksamkeit auf ihr Cloudportfolio lenken, muss Oracle zweigleisig fahren: Die installierten Systeme ihrer Kunden und das Produktgeschäft weiterentwickeln und gleichzeitig erhebliche Mittel für den Aufbau und die  Modernisierung einer  Cloud-Infrastruktur aufwenden. Damit steht der Konzern vor derselben Herausforderung wie die Hardware-lastigen Technologiedinos HPE, Cisco oder Dell: Schritt halten mit dem Markt, der die Richtung vorgibt. Und die weist ganz klar auf Cloud Computing, wie die hohen zweistelligen Zuwächse in den Bilanzen der Hersteller und ihrer Partner anzeigen.

 

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