Verdacht auf illegalen Softwarehandel

Sauberer Schnitt bei dubiosen Microsoft-Händlern

10. Dezember 2020, 10:46 Uhr | Martin Fryba
© AdobeStock/Philip

Lizengo ist insolvent, der Shops von Lizenzfuchs teilweise, der von Tornadosoft ganz offline. Während die Staatsanwaltschaft in Köln noch wegen Verdacht auf illegalen Vertrieb von Microsoft-Software ermittelt, haben die Händler längst ihren Schnitt gemacht.

Im Shop von Lizengo konnte man bereits Wochen vor der Insolvenz am 23. November 2020 keine Software von Microsoft bestellen – angeblich wegen Serverumzug. Lizenzfuchs ist nicht insolvent, aber auch bei diesem Händler kann man seit Wochen keine Microsoft-Produkte kaufen – angeblich wegen Wartungsarbeiten. Der Shop von Tornadosoft ruht gleich ganz – angeblich wegen Wartungsarbeiten. Wer im Webseiten-Torso dieses Händlers nach einem verantwortlichen Geschäftsführer sucht, sucht vergebens. Das Impressum bleibt auch nach dem Ansteuern mit dem fünften Browsers leer.


Für eine deutsche GmbH ist das ungewöhnlich, zumal Tornadosoft-Geschäftsführer Carsten Schäfer auch einen Button »Geschäftskunden« auf seiner Webseite nennt und B2B-Käufer, anders als Verbraucher, es schon genauer wissen wollen, mit wem sie es zu tun haben.


Millionen-Umsatz bei Tornadosoft
Im Vergleich zu Lizengo und Lizenzfuchs ist Tornadosoft ein kleiner Fisch, der aber auch sein Auskommen hatte. Im Januar 2017 noch unter Hemetec von Geschäftsführer Louis Ottershagen gegründet, hat Tornadosoft Schätzungen von Wirtschaftsauskunfteien zufolge 3,8 Millionen Euro in 2018 umgesetzt, 2019 immerhin noch 1,6 Millionen Euro. Telefonisch ist Tornadosoft zu erreichen, wann der Shop wieder öffne, wollte ICT CHANNEL beim Support wissen. »Wir haben leider keine Informationen von der Geschäftsleitung erhalten«, sagte eine freundliche Dame. Sie verwies uns wegen nicht mehr funktionierender Microsoft Office-Applikationen (Zugriff verweigert) aus dem Kauf einer Office-Lizenz bei Tornadosoft an Microsoft. »Ich habe da leider keinen Zugriff auf die Keys. Aber der Microsoft-Support muss ihnen da als Hersteller helfen, wenn sie ein Konto dort eingerichtet haben«.


Dickes Polster bei Lizenzfuchs
Im Gegensatz zum ruhenden Microsoft-Shop bei Lizenzfuchs ist der Support hier ebenfalls erreichbar. Man solle, wenn Office unter dem bei diesem Händler gekauften Lizenz-Key nicht mehr aufzurufen sei, doch bitte einen Screenshot der Fehlermeldung an die info@ schicken, sagte ein Herr im Support. Wann es wieder Microsoft-Produkte gibt? »Das kann ich Ihnen nicht sagen«.


Sollte Microsoft ein Hauptumsatzträger bei Lizenzfuchs sein, was man nach den vielen Werbekampagnen 2019 schließen kann, könnte Geschäftsführer Pascal Hentschke wahrscheinlich eine ganze Zeit lang auch ohne diesen Hersteller seinen Shop betreiben. Das Finanzposter ist bei überschaubarer Mitarbeiterzahl durchaus üppig, wie aus dem kürzlich vorgelegten Geschäftsbericht für 2019 zu entnehmen ist. Laut Schätzung von Northdata betrug der Umsatz 15 Millionen Euro, nach vier Millionen 2018.  Bei aktuell knapp zehn Mitarbeitern ist das Ergebnis ein sauberer Schnitt. Der Kassenbestand lang am 31. Dezember 2019 bei rund 2,5 Millionen Euro.


Ob auch die Microsoft-Produkte »sauber« sind, die alle drei Anbieter bis zur Einstellung, beziehungsweise Teileinstellung ihrer Shops verkauft hatten, bleibt abzuwarten. ICT CHANNEL hatte bereits vergangenes Jahre nach Auswertung von umfangreichen Testkäufen Zweifel am Geschäftsmodell von Lizengo und Lizenzfuchs geäußert. Der Ball liegt aktuell bei der Staatsanwaltschaft Köln.

 

 

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