Auch das noch: KI für echte Gefühle

„Schau mir in die Augen, Kleines!“

28. Februar 2023, 17:07 Uhr | Martin Fryba
Verspricht "echte Gefühle" in Videocalls zu bringen: Casablanca.ai.
© Casablanca

Schmachtender oder nur interessierter Blick geht nur mit Augenkontakt. Schwierig bei Video-Calls. Eine Software kann das und noch viel mehr: Echte Gefühle simulieren, verspricht, wie sollte es anderes heißen, das deutsche Startup Casablanca. Sogar besser als Nvidia.

Was im echten Leben verloren geht, kann im virtuellen Raum nachgestellt werden. Blickkontakt zum Beispiel. Beim Video-Meeting will das nämlich nicht recht gelingen, weil jeder auf den Bildschirm starrt und nicht in die Kamera blickt. Und wenn man doch ins Objektiv schaut, sieht man wiederum seinen Gegenüber nicht. Bei Teams & Co schauen alle aneinander vorbei, wirken oft wie abwesend. Man kennt das aus Sitzungen vom monologisierenden Chef. Die hohe Kunst der Mimik beherrscht ein regungsloses Poker-Face ohnehin nicht. Nun aber gibt es Abhilfe für jene, die Augenkontakt im Gespräch für wichtig halten und in Video-Calls darauf nicht verzichten wollen.

Als hätte man eine Kamera mitten auf dem Bildschirm angebracht
Praktisch dabei: Die Software simuliert, dass sich die Blicke im virtuellen Raum treffen. Das Startup – Achtung: Nomen erst Omen – Casablanca aus Pforzheim hat eine KI-Software entwickelt, die in Echtzeit Blickkontakt herstellt. Sie soll mit allen Videocall-Systemen funktionieren. Und das geht laut Casablanca so: Die KI erstellt ein 3D-Abbild des Kopfes mit einem eigens entwickelten Deep-Learning-Verfahren. Ergänzend wird ein um zusätzliche Diskriminatoren erweitertes GAN (Generative Adversarial Network) eingesetzt, um fehlende Bildteile zu ergänzen. So kann beispielsweise der Hals rekonstruiert werden, wenn die Kamera diesen nicht erfassen kann. Die Kombination ermöglicht die realistische Ausrichtung des Kopfes, natürlichen Blickkontakt und authentische Mimik. Neue Interpolationsverfahren sorgen dafür, dass Casablanca weniger Daten behandeln muss, um die Bilddrehung zu vollziehen - das sichert eine flüssige Anwendung. Die Software verhält sich so, als hätte man eine Kamera mitten auf dem Bildschirm angebracht - nur ohne die störende Kamera.

Zwei Jahre hat das deutsche Startup CK Holding unter Gründer Carsten und Kraus Markus Vollmer geforscht und drei Patente entwickelt. Nun sind die Schwaben so stolz auf ihre KI, dass sie es nicht scheuen, US-Techkonzerne wie Nvidia in die Pfanne zu hauen. Deren Lösung „Nvidia Broadcast“ sei einfacher gestrickt. Sie drehe nämlich lediglich die Augen zur Kamera - und zwar ständig, auch wenn der Gesprächspartner eigentlich den Blick abwendet. „Das schafft zwar Blickkontakt, dieser ist allerdings sehr unnatürlich“, heißt es.

Casablanca ist derzeit im Beta-Stadium und kann gegen eine Registrierung (casablanca.ai) kostenlos in allen Videocalls genutzt werden. Wie schön, dass man den berühmtesten Ausspruch aus dem gleichnamigen Filmklassiker mit Humphrey Bogart und Ingrid Bergman jetzt auch im virtuellen Raum wagen kann und das sogar automatisiert. „Schau mir in die Augen, Kleines!“

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu NVIDIA Corporate

Weitere Artikel zu SaaS (Software as a Service)

Matchmaker+