Restrukturierung und neue Köpfe

So will Teamviewer raus aus der Krise

11. November 2021, 12:31 Uhr | Martin Fryba
„Die insgesamt starke Erfolgsbilanz wurde in letzter Zeit aufgrund eines Vorzieheffekts während der Pandemie sowie aufgrund von verstärktem Wettbewerb im unteren Marktsegment abgeschwächt“, Teamviewer Oliver Steil
© Teamviewer

Fokussierung auf das Kerngeschäft Remote-Software, eine „globale Tech-Marke“ mit Sportsponsoring etablieren, aber auch Kosten senken: Mit diesem Spagat will Teamviewer-Chef Oliver Steil das Vertrauen am Kapitalmarkt wiedergewinnen. Dafür hätte es gestern andere Ankündigungen gebraucht.

Gestern am Mittwoch, 11:06 Uhr: Teamviewer veröffentlicht Eckpunkte seines „Post-Covid-Maßnahmenplans", um das Umsatzwachstum zu erhöhen und die Kostenstruktur zu verbessern. Die Aktien springen erst einmal kräftig nach oben, bevor dann doch im Laufe des Tages Ernüchterung einsetzt und die Papiere vom Tageshoch kräftig fallen und mit zehn Prozent Minus bei 13,50 Euro aus dem Xetra-Handel gehen. CEO Oliver Steil kann die Börse nicht von seiner neuen Ausrichtung überzeugen, zumal er für die geschassten Vorstandmitglieder keine Nachfolger nennen kann.

Neue Vorstände gesucht
Marketing-Chefin Lisa Agona, erst seit April dabei, ist ihren Vorstandsposten wieder los und verlässt Teamviewer. Zuvor wurde bereits das Aus für CFO  Stefan Gaiser verkündet. Der Aufsichtsrat sucht weiter nach einem Finanz- und einem weiteren Vorstand, bei dem nun Vertrieb und Marketing gebündelt wird. Er oder Sie soll Teamviewer zu einer „globalen Tech-Marke“ aufbauen – „durch den Einsatz globaler Sportpartnerschaften“, wie es heißt. An den viel kritisierten Ausgaben für Markenträger Manchester United und dem Mercedes-Formel-1-Team will Steil trotz Sparmaßnahmen festhalten.

Teamviewer soll bei großen Firmenkunden bekannter werden, denn das Geschäft mit dieser „Enterprise“ genannten Zielgruppe, die pro Kunde jährlich mindestens 10.000 Euro in die Kasse von Teamviewer spült, sorge für starkes Wachstum, so der CEO. Gesucht wird auch ein neuer hauptverantwortlicher Manager für die Region Asien. Hier blieben zuletzt die Erlöse unter den Erwartungen.

Konzentration auf Kernprodukt
Teil des neuen Plans ist es auch, sich stärker wieder auf das Kernprodukt Fernwartung zu konzentrieren. Gerade bei KMUs, das größte Geschäftsfeld von Teamviewer, steht der Softwarehersteller aus Göppingen mit seinen Einstiegslösungen unter starkem Wettbewerbsdruck. Das sei auch der Grund, warum sich das Wachstum bei Teamviewer abgeschwächte habe. Der Softwarehersteller hatte seine Gewinnprognose Anfang Oktober kassiert, woraufhin die Aktie ihre Talfahrt fortsetzte und binnen eines Jahres Dreiviertel seines Werts einbüßte.

Steil will jetzt die Verantwortlichkeiten im Senior Leadship-Team neu ordnen. Ein kurzfristiger Innovationsplan soll helfen, das Kernprodukt Fernwartung besser an die Bedürfnisse der Nutzer anzupassen und es für kleinere und mittlere Unternehmen attraktiver machen. Forschung und Entwicklung abseits des Kernprodukts werde eingestellt, so Steil.

AR mit Partner Google und SAP
Fernwartungssoftware ist und bleibt wohl auch lange noch das Kernprodukt von Teamviewer, das vor allem durch Corona bedingten Lockdown sprunghaft nachgefragt war und immer noch zweistellig zulegen kann. Nun wollen die Göppinger auch in den zugekauften neuen Sparten Druck machen. Dazu zählen Lösungen für Augmented Reality, wie sie neuerdings Amerikas größter Autobauer General Motors im After-Sales-Kundendienst nutzt. Hier soll eine strategische Partnerschaft mit Google Cloud das AR-Geschäft von Teamviewer beflügeln. Teamviewers Vision Picking Software und Googles Datenbrille Glass Enterprise Edition 2 soll die freihändige Kommissionierung von Waren erlauben. CEO Steil will diesen neuen Geschäftsbereich auch mit SAP ausbauen, und zwar für die Einsatzgebiete Fertigung, Logistik und Supply Chain. Teamviewer Frontline wurde bereits für „SAP-Endorsed-App“ zertifiziert und ist nun im SAP-Store verfügbar. Gemeinsame Vertriebsaktivitäten seien angelaufen.

Die Patenschaften mit Google und SAP würden belegen, „dass die Technologie von Teamviewer für komplexe Anwendungsfälle im Enterprise-Bereich hoch relevant ist und eine wichtige Rolle im globalen Technologie-Ökosystem spielt“, teilt der Softwarehersteller mit.  

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