Umsatzsteuer

Steuerwahnsinn nicht nur für MSPs

24. Juni 2020, 14:51 Uhr | Martin Fryba
© Fokussiert/AdobeStock

Riesige Bürokratie und illegale Karussellgeschäfte mit einer Klappe schlagen? Es klingt einfach, wenigstens die kommende Senkung der Umsatzsteuer zu vereinfachen. Den 170-Milliarden-Euro-Betrug endlich zu stoppen, gelingt wohl nicht so leicht.

Gut gemeint ist in der Corona-Praxis nicht gut bewährt. Die ab 1. Juli im Rahmen des von der Bundesregierung verabschiedeten Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets beschlossene Senkung der Umsatzsteuer bis Jahresende ist ein »Steuerwahnsinn«, kritisiert IT-Scope in einem Blogbeitrag. Über die gleichnamige E-Commerce-Beschaffungslösung  kaufen Tausende IT-Händler Software- oder Datenbanklösungen als Abonnements oder Laufzeitverträge, die vom Großteil der Kunden jährlich im Voraus bezahlt werden. Im SaaS-Vertrieb ist das so üblich, es werden Rabatte gewährt, je länger Laufzeit und Abrechnungsperiode sind.


Nun müssen die Karsruher und ihre Kunden ran an viele ältere Rechungen. So wie alle Unternehmen, die im Bundesgebiet Leistungen verkauft haben, die vor und während des Zeitraums der gesenkten Mehrwertsteuer (1.Juli bis 31. Dezember 2020) schon abgerechnet und noch zu erbringen sind (CRN berichtete).

 

Konjukturimpulse? Fehlanzeige! Umsstzsteuer ist im B2B-Verkehr schließlich ein durchlaufender Posten: Der Verkäufer führt sie ans Finanzamt ab, der vorsteuerberechtigte Käufer holt sie sich vom Finanzamt zurück.


Es reiche also nicht, erklärt IT-Scope, den Umsatzsteuersatz »einfach« zum 1. Juli auf 16 Prozent einzustellen und im Januar dann wieder zurück auf 19 Prozent, eventuell noch ein Erlöskonto für die Verbuchung bei der Steuerkanzlei anzupassen und zu glauben, dass die Sache erledigt sei.


Nach jetzigem Stand müssten Rechnungen aus der Vergangenheit rückwirkend korrigiert werden. Und die Rechnungsstellung bei jährlicher Abrechnung werde ab Juli ebenfalls deutlich komplizierter. IT-Scope skizziert: Verschiedene Positionen mit unterschiedlichen Artikeln müssen angegeben werden, damit in der Buchhaltung die jeweiligen Erlöskonten angesteuert werden können. Diese werden dann für die entsprechenden Zeiträume mit 16 Prozent  und 19 Prozent  verbucht, damit die Umsatzsteuervoranmeldung korrekt erstellt werden kann. Auch hierfür sei bisher keine Sonderregelung absehbar – und die Zeit dränge. Denn »ohne Verlängerungsantrag ist die Umsatzsteuer bis zum 10. des Folgemonats anzumelden«.


Bürokratiechaos kommt
Falls keine begleitende Vereinfachungsvorschrift verabschiedet werde, so wie sie diverse Steuerberater-Verbände dringend fordern, müssten Unternehmen alle alten Jahresrechnungen der letzten Monate korrigieren. Ein immenser Aufwand, übrigens auch für Steuerbehörden.


Nach §14c Satz 1 UStG sind zwar Firmen dazu verpflichtet, die überhöht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in voller Höhe abzuführen. B2B-Kunden haben aber theoretisch nicht das Recht, die überhöhte Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug zu bringen und müssten daher auf eine geänderte Rechnung bestehen, selbst wenn diese im Jahr 2019 bereits komplett inklusive Vorsteuer abgewickelt wurde.


Pragmatische Lösung
Wie könnte eine pragmatische Lösung aussehen? Laut IT-Scope ganz einfach: Mit Bezug auf §14c könnten Finanzämtern Empfängern von zu hoch gestellten Rechnungen Rechtssicherheit bei der Vorsteueranmeldung gewähren, würden sie ihnen 19 Prozent erstatten, die sie ja ohnehin in gleicher Höhe vereinnahmt haben. »Dann könnten Firmen ihre Unternehmenskunden entsprechend informieren, dass es bei 19 Prozent bleibt und nur im Bedarfsfall auf Anfrage eine Korrekturrechnung ausgestellt wird – beispielsweise für noch nicht bezahlte Rechnungen«, so der Vorschlag von IT-Scope.


Bei Anbietern von Managed Services würden die von Bitkom genannten Forderungen nach Verinfachung  jedoch immer noch zu kurz greifen. »Hier ist die Umsatzsteuer zwar nur ein durchlaufender Posten, Leistungszeiträume müssen aber zur Einhaltung der Maßnahmen zum jetzigen Stand korrekt abgegrenzt werden. Eine angemessene Vereinfachung müsste zumindest dergestalt erfolgen, dass Vorauszahlungen auf B2B-Abonnements mit dem Steuersatz in Rechnung gestellt werden, der zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung gilt. Also: Für alle Rechnungen bis 30.Juni 2020 mit 19 Prozent, für alle Rechnungen zwischen dem 1.Juli  und 31.Dezember 2020  16 Prozent Umsatzsteuer – unabhängig davon, ob der Leistungszeitraum nur teilweise in den Steuersenkungszeitraum fällt«.

 

 

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