Drittanbieter eiskalt abserviert

Twitter sperrt alternative Clients gnadenlos aus

24. Januar 2023, 11:14 Uhr | Lars Bube
© KenanTunc - AdobeStock

Völlig überraschend hat Twitter erst die Verbindung zu Clients von Drittanbietern gekappt und dann erklärt, künftig keine alternativen Lösungen und Apps mehr zuzulassen. Das bringt einige langjährige Partner und deren Kunden in erhebliche Schwierigkeiten.

Alternative Clients wie Twitterific, Tweetbot oder Tweetdeck hatten einen wesentlichen Anteil am Aufstieg von Twitter, indem sie Nutzern einen übersichtlicheren Zugang mit zusätzliche Tools und Funktionen boten. Gerade für viele der auch für das Netzwerk wertvollen Power-Nutzer und Kommunikationsprofis waren sie daher unverzichtbar. Jetzt hat Twitter diese fruchtbare Partnerschaft allerdings mit einem ziemlich überraschenden wie rüden Handstreich vom Tisch gefegt. Vor einigen Tagen schaltete das Unternehmen ohne vorherige Warnung einfach die APIs ab. Nachdem die App-Anbieter angesichts der internen Turbulenzen seit der Übernahme durch Elon Musk zunächst noch von einem technischen Problem ausgegangen waren, wurde ihnen und ihren entnervten Nutzern einige Tage später per Tweet erklärt, dass die Sperrung aufgrund von Verstößen gegen die Entwickler-Vereinbarung erfolgt seien, ohne diese konkret zu nennen. Noch ein paar Tage später wurden die entsprechenden Vorgaben nun derart geändert, dass es nun explizit verboten ist, „die lizenzierten Materialien zu verwenden oder darauf zuzugreifen, um einen Ersatzdienst oder ein ähnliches Produkt wie die Twitter-Anwendungen zu erstellen oder dies zu versuchen“.

Alleine schon an der ungestümen Art und Weise mit der diese Neuerungen eingeführt wurden, ist klar ersichtlich, aus welcher Richtung der Vorstoß kam. Hatte die Twitter-Führung die Schnittstellen in den letzten Jahren sogar weiter geöffnet, strebt Musk nun plötzlich das genaue Gegenteil an. Der Grund dafür dürfte der gleiche wie bei den zahlreichen anderen, zumeist ebenfalls höchst umstrittenen, Maßnahmen der letzten Wochen sein: Twitter muss profitabler werden, um die erdrückende finanzielle Last aus der Übernahme stemmen zu können. In diesem Fall dürfte sich Musk vor allem größere Werbeeinnahmen erhoffen, indem Twitter das Ausspielen der Anzeigen im eigenen Client forcieren und den Traffic selbst kontrollieren kann. Ob das auch den Nutzern schmeckt, scheint ihm dabei wieder einmal völlig egal zu sein. Und auch für die Werbekunden könnte sich das zum Rückschläger entwickeln. Nicht nur, indem der Ruf und die Reichweite weiter beschädigt werden, sondern auch, weil viele Unternehmen in ihrer Kommunikation selbst auf die Drittanbieter-Apps setzen. Angesichts des Kahlschlags, der auch die eigene Softwareentwicklung betrifft, steht nicht zu erwarten, dass Twitter den eigenen Client konkurrenzfähig weiterentwickeln wird.

Am verheerendsten trifft das überraschende Verbot jedoch die Entwickler der externen Apps, von deren guter Arbeit Twitter so lange profitiert hat. Ihre Software wird damit auf einen Schlag obsolet. Im Fall der professionellen und kostenpflichtigen Angebote wie Twitterific, auf das nach eigenen Angaben sowohl das Vogel-Logo als auch der Begriff „Tweet“ zurückgehen, bricht damit die Geschäftsgrundlage weg. Der Anbieter hat deshalb bereits angekündigt, die Entwicklung aufzugeben und bittet seine Nutzer inständig darum, die bereits gezahlten Abogebühren nicht zurückzufordern. „Wir bedauern, dass das plötzliche und unwürdige Ende der App auf eine unangekündigte und nicht dokumentierte Änderung der Richtlinien durch ein zunehmend launisches Twitter zurückzuführen ist – ein Twitter, das wir nicht mehr als vertrauenswürdig ansehen und mit dem wir nicht mehr zusammenarbeiten möchten“, so das bittere Fazit. Andere App-Anbieter überlegen ihre Lösungen stattdessen künftig für Alternativen wie Mastodon einzusetzen und so Twitters Konkurrenz zu stärken. Auch wenn äußerst fraglich bleibt, ob diese sich noch gegen den übermächtigen Platzhirschen durchsetzen können, ist der Effekt der Maßnahme zumindest in der Außenwahrnehmung verheerend: Statt Twitter wie angekündigt „zu befreien“, engt Musk dessen Spielraum und Nutzwert damit weiter ein und zeigt Nutzern und Partnern gleichermaßen, wie egal sie ihm sind.


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