Entlassungswelle bei IBM Deutschland

Verdi: »Stehen vor krassen Herausforderungen«

12. November 2020, 14:45 Uhr | Martin Fryba
© IBM

Kaum hat Verdi die Tarifrunde 2020 abgeschlossen, geht die Arbeit für die Gewerkschafter bei IBM erst richtig los. Tausende Mitarbeiter sollen gehen, ein Outsourcing zu Bechtle wird es dieses Mal nicht geben.

Nach zähen zweitägigen Verhandlungen mit dem IBM-Management konnte die Verdi-Verhandlungskommission in der Nacht auf den 24.Oktober dann doch einen Durchbruch erzielen und das Schlimmste verhindern, glaubte man da noch. Nämlich eine Nullrunde, wie sie die US-Zentrale von IBM in Armonk eigentlich vorgab. Druckmittel organisierter Streik fiel ja weg, da die meisten IBMler im Homeoffice saßen. So wollte Verdi die 1,9 Prozent mehr Gehalt eigentlich als »erfolgreiche Tarifrunde 2020 mit starkem Ergebnis« feiern. Die angekündigte Konzernspaltung war da schon Thema, die massiven Entlassungen in Deutschland aber noch nicht. Armonk hatte sie wohl schon seit längerem beschlossen. Die Pläne dann nur zwei Tage nach Verhandlungsschluss mit Verdi aus der Tasche zu ziehen, kann man als ordentliche Retourkutsche bezeichnen. Die Feierlaune schlug bei Verdi und bei vielen IBM-Mitarbeitern in Depression um.


Auf die Gewerkschaftsvertreter kommt jetzt erst recht viel (virtuelle) Arbeit zu. »Die Ankündigungen der IBM zu Restrukturierungen und zum Personalabbau stellen die Interessenvertretung vor krasse Herausforderungen«, erklärte Bert Stach, Verdi-Konzernbetreuer für IBM. Wenn feststeht, wer zu den rund 2.300 IBMlern zählen wird, die Big Blue verlassen müssen, wer die Option Vorruhestand wählen wird, ist individuelle Beratung und Rechtshilfe gefragt. Parallel dazu wird Wolfgang Zeiher, Mitglied der Verdi-Verhandlungskommission im IBM-Konzern mit dem Management und der Politik viel sprechen müssen: So viele Jobs wie möglich retten, die »guten tarifvertraglichen Regelungen«, die er bei IBM sieht, sollen auch für jene gelten, die bleiben dürfen, aber in einer neu zu gründenden IBM-Gesellschaft weiter beschäftigt werden.


Dieses Mal kein Betriebsübergang zu Bechtle
Zeit bleibt Verdi eigentlich nicht. Ín Armonk drückt man aufs Tempo und will noch zum Jahresende den Jobabbau in Deutschland vom Tisch haben. Fast jeder vierte Mitarbeiter soll IBM verlassen. Zu viel für IBM-Partner, die in der Vergangenheit immer wieder Mitarbeiter des Herstellers bei sich aufgenommen haben.


Bechtle beispielsweise. Doch dieses Mal ist Bechtle in die Umstrukturierung nicht involviert, wie CEO Thomas Olemotz die Mutmaßungen von ICT CHANNEL nun bestätigt hat. Er habe von den Umstrukturierungen aus Presseberichten erfahren und sagt: »Es handelt sich offenbar um klassische Personalreduzierung und nicht um Betriebsübernahmen«. Letzteres hatte der langjährige IBM-Partner Bechtle mit Big Blue öfter erfolgreich verhandelt, dabei aber immer sowohl aktives Geschäft, also Kunden, und die sie betreuenden IBM-Mitarbeiter übernommen.


So wechselten im April vergangenen Jahres  rund 350 Mitarbeiter von IBM zur Bechtle Onsite Services GmbH. Die Verhandlungen zwischen IBM-Management, Bechtle und Verdi zogen sich eineinhalb Jahre in die Länge. Wermuttropfen für Verdi: Eine Tarifbindung konnte man dem neuen Arbeitgeber trotz direkter Verhandlungen in der Bechtle-Zentrale in Neckarsulm nicht abringen.

 

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