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Vom Versuch, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben

18. Januar 2021, 13:13 Uhr | Lars Bube
© ymgerman - AdobeStock

Der Ärger über die neuen Nutzungsbedingungen von Whatsapp regt eine wichtige Debatte über den Datenschutz an, treibt dabei aber auch einige seltsame Blüten. Die Palette reicht von groben Missverständnissen bis hin zur Flucht in eine nicht minder umstrittene Alternative.

Mit der Ankündigung der neuen Datenschutzbestimmungen für Whatsapp hat Facebook gleich mehrere Eigentore geschossen. Einerseits stößt den Nutzern deren Inhalt an sich sauer auf, schaffen die Regeln doch die Grundlage für einen weiter reichenden Datenaustausch mit Facebook, seinen Diensten und Werbepartnern. Andererseits fühlen sich viele Nutzer durch die Androhung der Deaktivierung ihres Accounts zum 8. Februar unangemessen unter Druck gesetzt. Diese Kombination hat dazu geführt, dass Millionen von Nutzern in den letzten Wochen die Apps von Mitbewerbern installiert und ausprobiert haben. Auch wenn das verglichen mit den mehr als zwei Milliarden Nutzern von Whatsapp noch immer wenige waren, so waren es doch genug, um Facebook gehörig nervös zu machen. So nervös jedenfalls, dass man sich gezwungen sah, die Deadline nun auf den 15. Mai zu verschieben. Damit soll Zeit gewonnen werden, die eigenen Absichten, etwa durch großflächige Annoncen in zahlreichen Tageszeitungen, genauer zu erklären und die Ängste zu entkräften.

Ganz so einfach dürfte das jedoch nicht werden, auch wenn tatsächlich ein Teil der Panik auf Seiten der Nutzer völlig unbegründet ist. Das gilt etwa für zahlreiche Artikel und Kommentare, die sich auf die deutsche Übersetzung der internationalen Datenschutzbestimmungen und FAQs von Whatsapp beziehen. Diese geben Facebook und seinen Töchtern tatsächlich deutlich weitreichendere Zugriffs- und Nutzungsrechte für die Whatsapp-Daten, als die europäische Fassung hinter dem Schutzwall der DSGVO. Gleichzeitig erklären sie den Grund für die Nutzer in anderen Regionen wie den USA, in denen Facebook schon seit Jahren Nutzerdaten sowohl zur Verbesserung seiner Dienste, als auch zur Vermarktung einsammeln und nutzen darf und. Dass dieses Vorgehen mit den neuen Bestimmungen noch einmal deutlich erweitert wird, missfällt neben den dortigen Nutzern ebenso der obersten Handelsbehörde Federal Trade Commission (FTC). Die beobachtet einige Digitalkonzerne wie Facebook schon seit einiger Zeit sehr genau und geht dabei unter anderem dem Verdacht nach, dass sie im Werbemarkt monopolartige Strukturen aufbauen und betreiben. Für diese Untersuchungen, die im Extremfall bis hin zu einer erzwungenen Abspaltung von gekauften Konzernteilen wie Whatsapp führen könnten, sind die Inhalte und jüngsten Änderungen der weltweiten Datenschutzbestimmungen durchaus relevant.

In Europa aber wären diese Bestimmungen jedoch schon in ihrer heutigen Form und Ausgestaltung nicht anwendbar. Dieses Missverständnis führt hier zu einer falschen Verschärfung der Debatte, die den Fokus von den eigentlichen Knackpunkten für europäische Nutzer weglenkt. Insbesondere wird damit verwässert, was Facebook hierzulande wirklich mit den neuen Bestimmungen erreichen will und kann. Dabei ist schon diese Frage komplex genug.

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