Interview mit Prof. Gunther Olesch

»Wer heute über Fachkräftemangel spricht, verkennt die Lage«

5. Juli 2019, 10:31 Uhr | Corinne Schindlbeck
Prof. Gunther Olesch, Phoenix Contact, mittlerweile fast eine eigene Marke. »Mein Ziel war von Anfang an, bei Arbeitgeberwettbewerben unter die ersten drei zu kommen.«
© Markt & Technik

Phoenix Contact hat auf kununu mehr Seitenaufrufe als Microsoft, Bewerbungen von Ingenieuren kommen längst nicht mehr nur aus Ostwestfalen. Damit weckt Prof. Gunther Olesch über die Branche hinaus Anerkennung. Dabei wurde seine Vision anfangs sogar belächelt.

--- canonical[https://www.elektroniknet.de/markt-technik/karriere/wer-heute-ueber-fachkraeftemangel-spricht-verkennt-die-lage-166465.html] ---Markt&Technik: Herr Prof. Olesch, Sie sind studierter Wirtschaftspsychologe und feiern gerade ein Jubiläum – 30 Jahre bei Phoenix Contact. Ingenieure neigen ja manchmal dazu, nichttechnische Studiengänge nicht allzu ernst zu nehmen. Hand aufs Herz: Hat Ihr Ingenieurumfeld Ihre Pläne von Beginn an unterstützt?

Prof. Dr. Gunther Olesch: (lacht) Natürlich kamen manchmal Sprüche wie „Muss ich mich jetzt auf die Couch legen?“ Aber man muss auch einstecken können. Natürlich bringt so ein Studium viel. Zum Beispiel, um besser erkennen zu können, was Menschen wollen. Und man lernt – wichtig – Empathie. Als ich anfing, war Phoenix Contact kein bekanntes Unternehmen. Reines B2B-Business, und auch noch in der Provinz. Ich wusste, wir müssen an der Arbeitgebermarke arbeiten und Phoenix Contact zu einem der besten Arbeitgeber machen. Das war meine Vision.

Hintergrund war schon vor 30 Jahren der demografische Wandel. Man wusste ja schon damals, dass wir ab 2030 durch den Geburtenrückgang einen enormen Einbruch an Arbeitskräften haben werden. Mein Ziel war von Anfang an, bei Arbeitgeberwettbewerben unter die ersten drei zu kommen. Und sagen wir es so: Die Ingenieurkollegen um mich herum haben das vor dreißig Jahren nicht unbedingt für wesentlich erachtet. Die Produkte standen im Vordergrund. Als ich den Widerstand damals spürte, war der Satz von Diogenes mein Vorbild: Eine Idee ist nur so gut wie die, deren Zeit gekommen ist. Ich konzentrierte mich also erstmal darauf, gute HR-Arbeit zu machen. Um mehr Gehör zu finden. Heute ist Phoenix Contact acht Mal bester Arbeitgeber Deutschlands in verschiedenen Kategorien geworden – wenn du das erstmal mit deinem Team erreichst, bist du plötzlich anerkannt.

Sie gelten heute als Vorzeige-Personaler, werden häufig als Speaker eingeladen. So emanzipiert haben sich längst nicht alle HR-Kollegen. Wie schafft man es als HR- Business-Partner wie Sie zum Geschäftsführer?

Ein Anhänger des „HR Business Partner“-Modells von Dave Ulrich bin ich nie gewesen. Weil ein Business-Partner bzw. Berater es nie in die Geschäftsführung schafft. Man muss Steering-Partner sein! Das war von Anfang an meine Absicht und Vision. In der Geschäftsführung hat man viel mehr Hebelwirkung und kann mehr bewegen. Dort bin ich jetzt seit knapp 20 Jahren, genauer gesagt seit 2001. Klar, ich hatte hier im Unternehmen ganz am Anfang auch Momente, wo ich auch zweifelte. Weil der Widerstand so groß war. Aber das darf einen nicht verunsichern, auch Zweifel gehören dazu. Man muss missionieren, immer wieder aufstehen, für seine Überzeugung kämpfen.

Wer als Personaler auf Kongressen jammert, dass der CEO oder CFO seine Argumente nicht akzeptiert, dem sage ich: Du kämpfst nicht richtig dafür! Meinen Studenten vermittle ich immer, dass meine größten Niederlagen stets auch gut für meine Persönlichkeitsentwicklung waren.

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