EU zieht Roaming-Vorschlag zurück

90-Tage-Regel kommt doch nicht

9. September 2016, 11:41 Uhr | Timo Scheibe

Der heftige Protest von Bürgern und Verbraucherschützern zeigt Wirkung. Die EU-Kommission zieht ihren umstrittenen Vorschlag zurück, kostenfreies Roaming im EU-Ausland auf 90 Tage zu befristen.

Im Sommer 2017 sollen die teuren Roaming-Gebühren innerhalb der EU endlich Geschichte sein. Das hat die EU-Kommission in einem langwierigen Prozess im vergangenen Jahr beschlossen. Anfang letzter Woche war von einem kompletten Wegfall der zusätzlichen Kosten für Auslandstelefonie plötzlich keine Rede mehr. Laut einem »Fair Use«-Vorschlag der Kommission sollte das Roaming lediglich 90 Tage lang kostenlos sein. Dem Papier nach reiche dies aus, um den Bedarf von Privat- und Geschäftskunden zu erfüllen. Im Schnitt verreisten EU-Bürger zwölf Tage in das europäische Ausland. Bei einem Auslandsaufenthalt von 30 Tagen am Stück können die Provider zu dem verlangen, dass sich der Nutzer wieder in das Heimatnetz einwählen muss. Überschreitet ein Anwender die 90 Tage, sollen die Provider Gebühren von maximal vier Cent pro Minute, einem Cent pro SMS und 0,85 Cent pro MByte erheben dürfen.

Bei Verbraucherschützern riefen die Befristungs-Pläne aus Brüssel heftige Kritik hervor. »Der Wegfall der Roaming-Gebühren für nur 90 Tage entspricht weder der Realität noch dem Alltag eines Verbrauchers in Blick auf Urlaub und berufsbedingte Aufenthalte im EU-Ausland«, kritisierte Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Ein gemeinsamer TK-Binnenmarkt mit einem lebhaften Wettbewerb sei so nicht zu erreichen. Stattdessen bewirkt laut Müller die 90 Tage-Regel das genaue Gegenteil. Guillermo Beltrà vom europäischene Verbraucherschutz Beuc unterstellte der Kommission, sie kümmere sich mehr um die kurzfristigen Interessen der Telekommunikations-Industrie als einen echten Binnenmarkt für Verbraucher zu schaffen.

Aufgrund der massiven Kritik, hat die EU-Kommission den Vorschlag auf Anordnung von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wieder zurückgezogen. Unklar ist, welche Details und Passagen nun überarbeitet werden. Mitte 2017 soll die Neuregelung der Roaming-Gebühren dann in Kraft treten.


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