Dilemma der 5G-Versteigerung

»Am Ende nur Verlierer«

20. Mai 2019, 12:31 Uhr | Martin Fryba
Michael Pickhardt arbeitet seit dem Jahr 1984 in der Telekommunikationsbranche und ist heute Vorstandsvorsitzender der TDT AG, die seit über vier Jahrzehnten ein Pionier für Lösungen in der digitalen Kommunikation ist. Sein Unternehmen stellte 1990 die erste digitale deutsch-deutsche Datenverbindung auf Basis modernster Satellitentechnologie vor.
© TDT/ Marina Geckeler

Verzichten will der Staat auf nichts: Höchste Milliarden-Einnahmen aus der Versteigerung von Frequenzen für das 5G-Netz und dennoch überall Flächendeckung erreichen, auch da, wo es sich für Netzbetreiber eigentlich nicht lohnt. TDT-Chef Michael Pickhardt fordert ein Umdenken.

Beim aktuellen Stand von fast sechs Milliarden bei der Versteigerung der ersten Frequenzblöcke für das kommende 5G-Mobilfunknetz ist noch immer kein Ende in Sicht. Die Auktion dauert nun schon neun Wochen und für Michael Pickhardt steht jetzt schon fest: »Der aktuelle 5G-Milliarden-Poker kennt am Ende nur Verlierer!«
Selbst Insider können nicht abschätzen, wie lange sich die Auktion der teilnehmenden Bieter Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica Deutschland und die United-Internet-Tochter Drillisch noch hinziehen wird. Man könnte nun meinen, dass es doch einen Gewinner in diesem Milliarden-Poker gibt: Nämlich der Bundesfinanzminister. Das mag auf den ersten Blick zwar stimmen, sei aber laut Pickhardt zu kurz gedacht.

»Verbraucher erwarten ein möglichst flächenabdeckendes 5G-Netz. Am liebsten noch mit nationalem Roaming, unabhängig vom eigentlichen Provider - so dass ich überall, wo ich bin, über 5G verfüge. Und wenn mein Provider-Netz mal ausfallen sollte, habe ich dank nationalem Roaming ein Back-up. Und das Ganze soll natürlich bezahlbar sein.«

Günstige Tarife und riesige Milliardenkosten für das neue Netz, das ging früher schon nicht zusammen und wird auch bei 5G nicht funktionieren. In Polen kosten laut Verivox (Stand April 2018) 100 GB mobiles Internet rund 19 Euro im Monat, in Deutschland verlangt die Telekom für ihren unlimitierten Flatrate-Tarif Magenta XL 80 Euro im Monat.

Hinzu kommen die Bedürfnisse von Unternehmen, die in einer zunehmend auf Echtzeitdatenkommunikation ausgelegten Digitalisierung auf ein unterbrechungsfreies Netz angewiesen sind, wie es beim Strom selbstverständlich ist. Ob Industrie, Handwerksbetrieb, mittelständischer Unternehmer oder Ich-AG - für alle werde der Online-Zugang immer überlebenswichtiger, sagt Pickhardt, Chef des Routerspezialisten TDT aus dem bayerischen Essenbach bei Landshut. »Ein Standard-Internetzugang, beispielsweise auf Basis von DSL oder Glasfaser, hat in der Regel eine Verfügbarkeit von rund 97 Prozent«. Ein Zustand, wie er im 5G-Zeitalter nicht akzeptabel wäre.

Pickhardts Unternehmen TDT AG managt Kunden-Datennetze mit zehntausenden Anschlüssen in Deutschland. Daher weiß Pickhardt, dass der daraus resultierende Ausfall von rund drei Prozent - dies entspricht immerhin vollen zehn Tagen pro Jahr - wirtschaftlich fatal sein könne. Die Lösung: »Eine terrestrische Anbindung und zusätzlich ein Back-up-Weg über ein zweites Medium, einen breitbandigen Weg über die Luft. Dafür ist 5G prädestiniert und ich erreiche dadurch eine Verfügbarkeit von weit über 99 Prozent«, erklärt Pickhardt.

Dass Netzbetreiber mit den neuen 5G-Möglichkeiten viel Umsatz machen und Gewinne schreiben wollen, sei »auch ihr gutes Recht als Unternehmen«, unterstreicht Pickhardt. »Dieses Ziel erreichen sie nur, wenn sie schnell und flächendeckend ihr 5G-Netz ausbauen. Dass dies sehr hohe Investitionen erfordert, versteht sich von selbst.«

Ein heute eher unbeliebtes Thema der Bieter ist das nationale Roaming. Dazu Pickhardt: »Diejenigen Anbieter, die schon jetzt massiv in den Ausbau der Flächeninfrastruktur investiert haben und diese Infrastruktur auch für 5G nutzen werden, laufen Gefahr, nun Steigbügelhalter für Wettbewerber zu werden, die bisher wenig oder nichts für diese Infrastruktur getan haben«, kritisiert der Manager. Bei der Einführung von nationalem Roaming müsste dieser Unterschied wirtschaftlich fair kompensiert werden, fordert der TDT-Chef.

Die Botschaft scheint indes in der Politik nicht angekommen zu sein. »Die Politik muss die Anforderungen der Anwender mit ihren digitalen Bedürfnissen erfüllen, um der Rolle Deutschlands als Wirtschaftsstandort und Export-Champion in der digitalen Gegenwart und Zukunft endlich gerecht zu werden«, wünscht sich Pickhardt: »Doch der Weg, den die Politik bisher bei der Versteigerung der 5G-Frequenzen eingeschlagen hat, ist hier leider nicht zielführend.«


  1. »Am Ende nur Verlierer«
  2. Ausweg: Verzicht auf kurzfristige Milliardeneinnahmen

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