Lars, but not Least

Digitalisierung per Fax

26. Januar 2023, 11:42 Uhr | Lars Bube
© Arsenii - AdobeStock

Eine aktuelle Ausschreibung der Bundesnetzagentur zeigt eindrücklich, wie es um die Digitalisierung in Deutschland bestellt ist. Die Behörde sucht einen neuen Dienstleister, der ihre Fax-Infrastruktur betreiben und ausbauen soll. Dazu passt auch der Auftragsbeginn zum 1. April 2023.

Seit Jahrzehnten verkündet die Politik immer neue Vorstöße, um die Digitalisierung im Land endlich voranzutreiben, auch die Ampel-Koalition hat sich das zweifellos wichtige Thema auf die Fahne geschrieben. Einzig: Es hilft nichts. Ganz im Gegenteil rutscht Deutschland in den verschiedenen Digital-Rankings wie dem „Digital Riser Report“ des Berliner European Center for Digital Competitiveness (ECDC) immer weiter ab. Das liegt nicht zuletzt an den eigenen Behörden und anderen Einrichtungen von Bund und Ländern, die statt einer Vorbildfunktion bei Themen wie E-Government und schlanken digitalisierten Prozessen weiter in der Steinzeit der Bürokratie verharren und immer größere Papierberge produzieren. Waren für die Beantragung einer Windkraftanlage vor einigen Jahren noch ein paar Seiten in einer handlichen Mappe ausreichend, werden dafür inzwischen rund 70.000 Seiten ausgedruckt, die fast 80 Ordner füllen und quer durch die Republik zu verschiedenen Behörden geschickt werden müssen. Vielleicht liegt das auch daran, dass das digitale Netz damit noch stärker überlastet wäre, als die Autobahnen.

Eine Behörde, die diese Missstände eigentlich mit ändern soll und will, ist die 2006 aus der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post hervorgegangene Bundesnetzagentur. „Wir sind die zentrale Infrastrukturbehörde Deutschlands und fördern den Wettbewerb in den Märkten für Energie, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen. So stellen wir die Leistungsfähigkeit der zentralen Lebensadern unseres Landes sicher“, so die Selbstbeschreibung. Doch wenn es um die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Infrastruktur geht, nimmt man es mit diesem Anspruch offenbar nicht mehr ganz so genau. Das zeigt sich nun schön an einer öffentlichen Ausschreibung, die bei Politikern, Digitalexperten und Bürgern gleichermaßen für einige Verwunderung sorgt: Die Bundesnetzagentur sucht einen neuen Partner zur „Erbringung von Faxdienstleistungen, für mindestens 12, maximal 60 Monate“. Wie wichtig die antiquierte und zudem im Vergleich zu digitalen Verfahren höchst unsichere, da nicht verschlüsselte, Technologie für die Behörde ist, belegt das in der Ausschreibung genannten Aufkommen von 3.000 bis 4.000 Ein- und Ausgängen pro Monat. Voraussetzungen, die für allerlei Kopfschütteln und Lacher im Netz sorgen.

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+
Messenger der (Behörden-)Zukunft
Die Zukunft der blitzschnellen Behördenkommunikation
© piyapong01 - AdobeStock

Doch hat die Ausschreibung darüber hinaus noch mehr Kuriositäten zu bieten. So rechnet die Bundesnetzagentur sogar mit einer möglichen weiteren Steigerung des Fax-Aufkommens, die der Dienstleister bewältigen können muss. Dieser digitale Rückschritt würde sich zumindest für den Anbieter dann aber auch kräftig lohnen. Denn während die Welt sich immer mehr in Richtung Managed-Service-Paketen bewegt, soll die Leistung neben der Bereitstellung monatlich nach Aufkommen abgerechnet werden. Wenn schon rückständig, dann also wenigstens auch teuer. Dazu passt es immerhin perfekt, dass die Erbringung der Fax-Leistungen ausgerechnet zum 1. April (2023) starten soll. Kein Aprilscherz, aber dennoch zweifelsohne ein guter Lacher. Vielleicht ist das Vorgehen neben diesen unfreiwilligen humoristischen Gesichtspunkten aber auch eher unter musealen Gesichtspunkten zu betrachten, und die Bundesnetzagentur möchte, nachdem gerade erst Telefonzelle, Telegramm und MMS beerdigt wurden, wenigstens das Fax für künftige Generationen bewahren.

Aber Vorsicht! Wer nun Lust bekommen hat, sich diesen lukrativen und prestigeträchtigen Auftrag zu sichern, sollte nicht zu vorschnell das eigene Fax anschmeißen, um mit einem passenden Angebot gleich seine Kompetenzen auf diesem wichtigen Gebiet der deutschen Behördenkommunikation zu transferieren: „Vergabeunterlagen werden nur elektronisch zur Verfügung gestellt“ und auch das Angebot hat elektronisch zu erfolgen. Die königliche Telegrafennetzverwaltungsbehörde Schilda lässt grüßen.


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Bundesnetzagentur

Weitere Artikel zu Fax

Matchmaker+