Deutschland-Chef David Wang im Interview

»Eine Schädigung aller«

24. Juli 2020, 14:35 Uhr | Martin Fryba
David Wang, Deutschland-Chef Huawei, sieht im unilateralen Boykott der USA eine Schädigung aller
© Huawei

Deutschland sei für Huawei eines der wichtigsten Länder, sagt David Wang. Trotz enger Kooperation mit BSI und Forschungseinrichtungen, bleiben die Spionagevorwürfe aus den USA ein Thema. Der Boykott von Huawei schade nicht nur dem chinesischen IT-Konzern, betont Wang.

Die Vorwürfe aus den USA sowie Handelsverbote für US-Konzerne mit Huawei haben ihren Zweck nicht verfehlt. Der chinesische Technologiekonzern, dem vorgeworfen wird, im Auftrag des chinesischen Staates zu handeln und Spionage zu betreiben, ist im Verteidigungsmodus. Immer wieder wehren sich Top-Manager gegen Vorwürfe mit dem Hinweis, es gäbe keinerlei Beweise für pauschale Kritik, Huaweis Technologie sei ein Sicherheitsrisiko und schädige nationale Interessen und Volkswirtschaften. Das Gegenteil sei der Fall, sagt nun Huawei Deutschland-Chef David Wang.

Im Interview mit der CRN-Schwesterpublikation Markt&Technik betont Wang, man arbeite in Deutschland sehr eng mit nationalen Sicherheitsbehörden wie dem BSI und Forschungseinrichtungen wie der Fraunhofer-Gesellschaft zusammen. Dass Huawei zu einem globalen Player vor allem für Mobilfunknetze, Smartphones und Hardware für IT-Infrastruktur habe aufsteigen können, sei in Punco Qualitäts- und Logistikmanagement der seit Mitte der 90er-Jahre bestehenden Zusammenarbeiten mit der Fraunhofer-Gesellschaft zu verdanken. Wang erwähnt in diesem Zusammenhang auch die Hilfe von IBM: »Seit 1997 hat uns die Beratungssparte von IBM dabei unterstützt, unsere Management-Prozesse aufzusetzen«.

Rund die Hälfe seines Umsatzes über 110 Milliarden Euro erwirtschafte Huawei im Heimatland China. Deutschland sei außerhalb Chinas einer der wichtigsten Märkte, sagte Wang. »Unser Einkaufsvolumen beträgt hier zwei Milliarden US-Dollar. Deutschland nimmt also in unserer Lieferkette eine sehr wichtige Stellung ein.«

In München stehe Huaweis größtes Forschungszentrum in Europa, wo 450 Mitarbeiter arbeiten würden. Von hier aus koordiniere Huaweis European Research Center auch die Aktivitäten der übrigen 18 Forschungsstandorte in Europa. Neben dem Hauptstadtbüro Berlin unterhalte der Technologiekonzern 17 weitere Büros in Deutschland. Der Kontakt zu Technischen Universitäten und dem KIT Karlsruhe sei vor allem auf dem Sektor Industrie 4.0 wichtig, betont Wang.

BSI kennt Huaweis Quellcode

Trotz betonter Offenheit bei der Zusammenarbeit mit Partnern und der Bereitschaft von Huawei, sich sicherheitstechnologisch von externen Experten wie dem BSI in die Karten schauen zu lassen, haben die Vorwürfe dem chinesischen Konzern geschadet. Einige Länder folgen dem Aufruf der US-Regierung und haben Huawei aus dem Kreis der Lieferanten für 5G-Netze ausgeschlossen. Deutschland gehört nicht dazu. »Ende 2018 haben wir ein Sicherheits-Lab in Bonn eröffnet und dort arbeiten wir sehr eng mit dem BSI zusammen. Wir sind hier vollkommen offen, das BSI erhält den Einblick in den Quellcode. Das BSI untersucht die Systeme genauso wie die einzelnen ICs, etwa die Prozessoren, die von unserer Chip-Design-Tochter HiSilicon kommen«, sagt Huaweis Deutschland-Chef Wang.

Er lobt die hohe Fachkompetenz des BSI und würde sich beim Thema Security-Management wünschen, dass andere europäische Länder die Erfahrungen der Bonner Behörde teilen würden.

Verkauf an Huawei: nein, Kooperation: ja

Dass Technologiekonzerne in den USA, allen voran global agierende Chiphersteller und Google mit seinem Android-Betriebssystem, Huawei keine Chips und Software liefern dürfen, schmerzt nicht nur Huawei, sondern vor allem die US-Riesen selbst, wenn mit Huawei ein Kunde wegfällt, der im Geschäft mit Smartphones und TK-Ausrüstung in der Weltspitze mitmischt.  Außerdem ist der Huawei-Boykott der Trump-Regierung inkonsistent, da die Industrie schließlich Standards setzt und auf der Ebene solcher Gremien ein Weltmarktführer wie Huawei schwerlich ausgeschlossen werden kann. Das sieht selbst die Trump-Regierung ein, die vergangenes Jahr bereits von der harten Linie zurückgerudert ist.

»Hier fällt wohl unübersehbar ins Auge, dass der eigene Schaden größer als der vermeintliche Nutzen wäre, wenn auch die Kooperation auf dieser Ebene aufgegeben würde«, sagt Wang im Interview mit Markt&Technik. Für Wang ist daher klar: Die einseitigen Maßnahmen der USA seien letztlich »eine Schädigung aller, auch für die Digitalisierung in Europa und Deutschland.

 

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