Automatische Übersetzung von Videokonferenz-Aufzeichnungen könnte die nächste Innovation werden, mit der Zoom sich vom Wettbewerb abheben will. In Karlsruhe ist der US-Anbieter fündig geworden, teilt die Vision eines Spinn-Off des renommierten KIT.
Wozu braucht man noch Übersetzer und Simultandolmetscher? Es gibt doch Apps und Webdienste wie DeepL.com. Technologie und Künstliche Intelligenz sind auf dem Vormarsch, Maschine ersetzt Mensch. Das passt in ein Zeitalter, wo Convenience im Privaten wie im Beruflichen unbeschwertes Lebensgefühl und Hocheffizienz verspricht. Der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) ist da naturgemäß anderer Meinung. Verteufelt werden die „Hilfsprogramme“ vom BDÜ freilich nicht, arbeiten doch auch seine Mitglieder mit Echtzeitübersetzungstools. Man kennt indes auch die Grenzen der „Machine Translation“, von denen sich jeder Konsument überzeugen kann, der schon einmal ein belustigendes Manual eines billigen chinesischen Produkts studiert hat.
Von den Schwächen der digitalen Hilfsprogramme für Übersetzungen („keine unberechenbaren Selbstläufer“, BDÜ) lassen sich die Visionäre bei Zoom im Silicon Valley freilich in ihrem Innovationsglauben nicht beirren. Sie haben Karlsruhe Information Technology Solutions – kurz Kites genannt – mit ihren zwölf Forschern übernommen. Das Start-up wurde 2015 von Alex Waibel und Sebastian Stüker gegründet. Beide sind Fakultätsmitglieder des renommierten Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und teilen die Vision der Zoom-Manager, „Sprachbarrieren abzubauen und nahtlose sprachübergreifende Interaktion zu einer Realität des täglichen Lebens zu machen“.
Wie viel Geld Zoom für seine neuste Akquisition in die Hand nahm, ist nicht bekannt. „Wir wissen, dass Zoom der beste Partner für Kites ist, um unsere Mission voranzutreiben, und wir sind gespannt, was als nächstes unter dem unglaublichen Innovationsmotor von Zoom kommt“, spuckt Deppl.com den passablen Übersetzungsvorschlag aus, mit welchem sich Waibel und Stüker in der englischen Pressemitteilung zitieren lassen.
So einfach sollen sich später auch Zoom-Aufzeichnungen in alle möglichen Sprachen übersetzen lassen. Dafür ist sicher noch viel Forschungsarbeit nötig, wofür Zoom die nötigen Mittel zur Verfügung stellen will. Es sei geplant, ein F&E-Zentrum in Deutschland zu eröffnen, wohl in Karlsruhe, damit das Kites-Team nicht umziehen muss.