LED aus China über den Channel

Yeelight bietet Philips die Stirn

5. Februar 2020, 7:12 Uhr | Martin Fryba
»Wir mussten erst einmal die vielen illegitimen YeelightKonten in den sozialen Medien konsolidieren«, sagt Laura Stachowitz, im Bild mit Yeelight Germany-GF Florian Felsch
© ICT CHANNEL

Xiaomi und zahlreiche Ventures haben Yeelight im Markt für Lighting mächtig angeschoben. Jetzt will der chinesische LED-Spezialist den deutschen Markt aufrollen – mit einem für chinesische Hersteller seltenen Vertrauen in lokale Branchen- und Vertriebsexperten.

»Gute Beleuchtung, schlichtes Design, schneller Versand. Und das, trotz Absenderadresse in Hongkong«, bewertet Niklas B. bei Amazon.de die LED-Deckenleuchte von Yeelight mit fünf Sternen. »Ist das der originale Yeelight Haoshi LED-Kronleuchter? Müssen Zollgebühren bezahlt werden? Kann ich sie mit Alexa koppeln?« Fragen über Fragen, die wahlweise von der Kunden-Community oder einigen Händlern beantwortet werden. Denn einen offiziellen Vertrieb in Deutschland hat der chinesische Hersteller im März 2019 noch nicht. Gleichwohl ist es Yeelight in China nicht entgangen, dass man hierzulande schon rund 200.000 Kunden zählen konnte, und das ohne eigene Präsenz. Einerseits ein Erfolg.

 

Aus dem Verkehr gezogen
Andererseits schafft der globale E-Commerce-Handel mit seinem ungeregelten Zustrom von Waren erhebliche Probleme. Ob Fahrlässigkeit, schlicht Unwissenheit oder beides: Unternehmen exportieren vieles, was die Bundesnetzagentur zusammen mit dem Zoll dann wieder aus dem Verkehr ziehen müssen oder erst gar nicht freigeben. Jährlich weisen Millionen Produkte aus dem nicht EU-Ausland  gravierende technische oder formale Mängel auf, vernetzte Produkte wie Bluetooth-Boxen können Funkstörungen verursachen oder ihnen fehlt schlicht das CE-Zeichen.

 

Ihren Absatzkanal hierzulande kontrollieren konnte auch Yeelight lange Zeit nicht. Weder die Produktauswahl für den europäischen Raum bestimmen, noch die Markenführung in die eigene Hand nehmen. »Wir mussten erst einmal die vielen illegitimen Yeelight-Konten in den sozialen Medien konsolidieren«, sagt Laura Stachowitz. Vergangenes Jahr hat sie als PR- und Marketingmanagerin bei Yeelight Germany die Arbeit aufgenommen. Vorangegangen war die Gründung einer deutschen Landesgesellschaft 2019.

 

Starker, regionaler Partner
Sieben Jahre nach Gründung von Yeelight, unter anderem mit Kapital von Xiaomi und weiteren Investoren, schaltet Mitbegründer und CEO Eric (Zhaoning) Jiang auf Expansion außerhalb Chinas. Der ehemalige Software-Ingenieur bei Alcatel-Lucent sieht für seinen LED-Spezialisten ein großes Potenzial im deutschen Consumer- und professionellen Lighting-Markt. Jiangs Selbstbewusstsein, diesen Markt nicht allein Philips zu überlassen, ist riesengroß, nicht aber so vermessen, Deutschland allein aufrollen zu wollen.

 

Vertrauen zu regionalen Partnern fassen, die den Markt lange Jahre sehr gut kennen, sie an Bord zu holen und sie das operative Geschäft eigenverantwortlich steuern zu lassen – mit einer solchen Strategie tun sich viele junge asiatische Firmengründer immer noch sehr schwer. Nicht so Jiang, der Florian Felsch auf einer Fachmesse kennen und schnell schätzen gelernt hatte. Er führt nun die Geschäfte der deutschen Landesgesellschaft.

 

Nur EU-Produkte mit CE-Zeichen
Yeelight Germany, wie Felschs andere Firmen auch, ist in einem schlichten Zweckbau im Gewerbegebiet von Seeshaupt am südlichsten Ende des Starnberger Sees  beheimatet. Mit einer gewissen Hands-on-Mentalität, wie man sie von Start-ups kennt, geht das noch kleine Yeelight-Team zu Werk: Content für die Webseite und Shop erstellen, Manuals und Verpackungen in korrektes Deutsch übersetzen, den Versand erledigen, Kundenfragen beantworten und immer wieder Käufer freundlich, aber bestimmt darauf hinweisen, dass man sich bei Problemen mit Produktkäufen, die vor Gründung der offiziellen Niederlassung und ihrer autorisierten Partner getätigt wurden, an die entsprechenden nicht-autorisierten Händler wenden müsse.

 

Im Gegensatz zu diesen verkaufen Yeelight Germany und dessen offizielle Partner nur CE-zertifizierte Leuchten und Leuichtmittel, die speziell für den EU-Markt gefertigt wurden. Sie unterscheiden sich in einzelnen Bauteilen und Eigenschaften von den China-Versionen, um sämtliche Zulassungen, Altgeräteverordnungen und Sicherheitsbestimmungen gemäß den EU-Richtlinien zu erfüllen.

 

Vertrieb über Retail und Distribution
Dass es Yeelight-CEO Eric Jiang und sein Deutschland-Geschäftsführer Florian Felsch ernst meinen mit einer nachhaltigen Expansion, zeigt die Vertriebsstrategie. Logistik und Fulfillment will Felsch bald schon in die Hände eines Distributors legen. Er hofft auf eine schnelle Einigung mit Tech Data in München. Supplies-Distributor Imcopex  hat der ehemaligen Manager von TP Link und davor AVM, Michael Dopmeier, jüngst an Bord geholt. Conrad Connect, Euronics, Expert, Reichelt, Lampenwelt, Otto und Tink (CRN berichtete) sind bereits  Partner von Yeelight. Möbelhäuser würde Felsch auch gerne angehen, aber »die sind für Smart-Home-Produkte komplizierter zu gewinnen als der IT-Fachhandel«, sagt er.

 

Logistik und Fulfillment will Felsch bald schon in die Hände eines Distributors legen. Er hofft auf eine schnelle Einigung mit Tech Data in München.

 

Yeelight geht es nicht um Masse. Man wolle die Marke aufbauen, sie soll für Qualität stehen. »Absurden Preisverfall wollen wir vermeiden. Uns geht es beim Aufbau eines Channels nicht darum, mehrere 100 Distributionspartnerschaften einzugehen«, sagt Felsch. »Der Händler soll auch Spaß am Verkauf unserer Produkte haben«. Euronics-Partner will Yeelight bald mit POS-Materialien zum Thema Smart Home ausstatten, den Einstieg in den Verkauf somit leicht machen.

 

Somit können Euronics Filalisten ihren an smartem Licht interessierten Kunden eine günstige Alternative zu ebenfalls smarten, aber sehr teuren Lampen und Leuchtmitteln von Philips Hue anbieten.

 

Die Disruption hat bekanntlich schon die Glühbirne hinweggefegt, dafür energieschonende und per App oder Sprachsteuerung regelbare LEDs gebracht. Lüster zu verkaufen, seien sie noch so schick, aber nicht vernetzt, könnte für den Möbelfachhandel zum Auslaufmodell werden, wenn er das wachsende Potenzial von Smart Home nicht erkennt und  sich mit IoT-Vernetzung nicht beschäftigt. »Es geht bei Leuchten nicht mehr primär darum, Deko-Zwecke zu erfüllen. Die Leute legen immer mehr Wert auf gute Lichtqualität in einem schönen Design mit sinnvollen Funktionen«, blickt Yeelight-Geschäftsführer Felsch recht zuversichtlich in das erste Geschäftsjahr von Yeelight Germany.

 

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+

  1. Yeelight bietet Philips die Stirn
  2. China-Business auch ohne Seegurke

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Philips GmbH UB Consumer Electronics

Weitere Artikel zu Smart Home

Matchmaker+